Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt
D 1971 • 67 Min. • FSK: frei ab 16
Regie: Rosa von Praunheim (s.a. »Rex Gildo - Der letzte Tanz« (2022) und »Männerfreundschaften« (2018) und »Überleben in Neukölln« (2017) und »Härte« (2015) und »König des Comics« (2012) und »Die Jungs vom Bahnhof Zoo« (2011) und »New York Memories« (2010) und »Meine Mütter« (2007) und »Tunten lügen nicht« (2002) und »Der Einstein des Sex« (1999))
Buch: Rosa von Praunheim, Martin Dannecker, Sigurd Wurf
mit: Bernd Feuerhelm, Berit Bohlen, Ernst Kuching, Manfred Salzgeber
Kamera / Bildgestaltung: Robert van Ackern
Schnitt / Montage: Jean-Claude Piräus
Musik: -
Kommentar: Michael Bolze, Volker Eschke
Daniel und Clemens verlieben sich, ziehen zusammen und versuchen, die bürgerliche Ehe zu kopieren. Als die Beziehung nach vier Monaten endet, taucht Daniel immer mehr in die schwule Berliner Subkultur ein, arbeitet bei einem Homosexuellen-Café, besucht schwule Parks und Toiletten. Schließlich trifft er in einer Transvestitenkneipe Paul, der ihn in seine schwule Wohngemeinschaft mitnimmt, wo über alternative schwule Lebensmodelle gesprochen wird …
Daniel, ein junger Mann aus der Provinz, kommt nach Berlin und trifft dort zufällig Clemens. Beide erleben die große Liebe. Sie ziehen zusammen und versuchen, die bürgerliche Ehe zu kopieren. Doch nach vier Monaten endet das große Glück. Daniel hat inzwischen einen älteren, reichen Mann kennengelernt und zieht mit ihm in dessen Villa.
Doch bald, bei einem Musikabend, betrügt ihn sein älterer Freund. Für ihn war Daniel nur ein Objekt. Daniel arbeitet jetzt in einem Homosexuellen-Café, kleidet sich nach der neuesten Mode und lernt schnell sich den Idealen der Subkultur anzupassen. Seine Freizeit verbringt er im Strandbad und lässt sich bewundern. Nachts geht er in Homosexuellen-Bars und wird immer abhängiger von dem ständig wechselnden sexuellen Abenteuer. Nach einiger Zeit entdeckt er den exotischen Reiz schwuler Parks und Toiletten. Er erlebt, wie ältere Homosexuelle von Rockern zusammengeschlagen werden. Schließlich landet er in einer Transvestitenkneipe, in der sich zu später Stunde alles trifft, was bis dahin keinen Partner gefunden hat. Hier trifft er Paul, der ihn in seine schwule Wohngemeinschaft mitnimmt. Die Gruppe diskutiert mit ihm seine Probleme. Sie macht ihm klar, dass er ein oberflächliches Leben führt. Seine Aufgabe als emanzipierter Schwuler ist es sich zu seinem Schwulsein zu bekennen, andere Inhalte zu schaffen als nur Mode und Sex. Man schlägt ihm vor, sich politisch zu organisieren und gemeinsam mit anderen Schwulen über menschliche Formen des Zusammenlebens nachzudenken.
Praunheims Attacken richten sich nicht gegen fremde Unterdrücker, sondern gegen das eigene Lager. Die Situation, in der der Homosexuelle lebt, ist hausgemacht: das ist die These des Films. Verwirrung, Empörung, Bestürzung im Schwulenlager war die Folge, aber auch Bewegung, Aktion, Coming Out und Solidarität. Die Aufführung des Films im deutschen Fernsehen wurde zum Skandal. Der WDR, der den Film in Auftrag gegeben hatte, war der einzige Sender, der den Film ausstrahlte. Die vorgesehene parallele Aufführung beim ARD wurde kurzfristig abgesagt. Die ARD strahlte den Film ein Jahr später aus, der Bayerische Rundfunk schaltete sich daraufhin aus dem Programm aus.