Xenon Kino Berlin

Filmkunstkino in Berlin-Schöneberg

Charlatan
CZE / SVK / POL 2020 • 118 Min. • frei ab 16 • tschech. O.m.U.
Regie: Agnieszka Holland (s.a. »Total Eclipse - Die Affaire von Rimbaud und Verlaine« (1995)
Buch: Marek Epstein
mit: Claudia Vaeková, Ivan Trojan, Jana Kvantiková, Joachim Paul Assböck, Josef Trojan, Jura Loj, Jaroslav Pokornó
Kamera / Bildgestaltung: Martin Strba
Schnitt / Montage: Pavel Hrdlicka
Musik: Antoni Komasa-Lazarkiewicz

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Jan Mikolášek (im Hintergrund Frantisek Palko, sein Assistent und Liebhaber) kann im Gegenlicht der Sonne im Morgenurin eines Patienten auf Krankheiten schliessen …

Basierend auf einer wahren Begebenheit erzählt CHARLATAN vom Leben des tschechischen Heilers Jan Mikolášek, der Hunderte von Menschen mit pflanzlichen Medikamenten heilte.Was als Reise eines jungen Mannes beginnt, der sich für alternative Medizin interessiert, wird bald zum faszinierenden Porträt eines brillanten Genies, dessen Leidenschaft nicht lange unbemerkt bleibt. Mit der Behandlung von Prominenten des Nationalsozialismus und des Kommunismus, die ihm Ruhm und Reichtum einbringen, gerät Mikolášek bald in die Dichotomie von Moral und Grausamkeit, Licht und Dunkelheit, Liebe und Hass. Ein paradoxes Leben, das durch die Liebe zu seinem Assistenten František und durch seine ehemaligen Gönner, die sich plötzlich gegen ihn wenden, auf eine harte Probe gestellt wird…

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Der junge Jan in der Gärtnerei seiner Eltern …

Souveränität und Solidarität zeichnen Jan Mikolášek aus. Er ist talentiert, sensibel, durchsetzungsfähig, rätselhaft. Ob als junger oder alter Mann, privat wie öffentlich, ein Mensch der Tat, Vernunft und Intuition. Ein Wunderheiler. Der Blick durchs Uringläschen genügt, schon weiß er, woran seine Patienten leiden. Mit dem Ruhm kommt auch der Reichtum, und das zu einer Zeit, als die Tschechoslowakei Spielball zwischen den Machtblöcken ist. Die Regime des Nationalsozialismus und des Kommunismus beschützen und benutzen ihn. Er hilft, wo das System versagt. Doch in den Jahren des Poststalinismus werden die politischen Verhältnisse unberechenbar. Mikolášeks Sonderstatus gerät in Gefahr. Gemeinsam mit seinem Assistenten František, mit dem ihn, wie auch der Staatssicherheit bekannt ist, weit mehr verbindet als die Kräuterheilkunde, wird der Scharlatan auf die moralische Probe gestellt. Auf Grundlage der Biografie von Jan Mikolášek (1889–1973) und mit dem Drehbuch von Marek Epstein erkundet Agnieszka Holland erneut den Konnex von Privatem und Politischem, den Zusammenhang zwischen den Zeitläufen und der Geschichte eines unkonventionellen Individuums. Berlinale Special Gala 2020

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Nachdem Jan mit einer selbstgemachten Kräuter-Medizin den Wundbrand am Bein seiner Schwester heilen konnte, weiht Frau Mühlbacherová ihn in das 'Urinlesen' ein …

Regisseurin Agnieszka Holland über ihren Film: Jan Mikolášek war ein sehr berühmter Heiler, ein ungewöhnlicher Medizinmann, der auf unorthodoxe Methoden der Diagnose und Behandlung zurückgriff. Diese besonderen Fähigkeiten machten ihn nicht nur bekannt, sondern auch reich. In der Tschechoslowakei vor dem Zweiten Weltkrieg wurde er dadurch sogar eine Art Institution, und auch während der deutschen Besatzungszeit konnte er seinen Status durch die Heilung hoher Nazi-Beamter wahren. Er war sich sicher, dass es nach dem Krieg nicht anders sein würde. Die Kommunisten, die die Macht übernahmen, waren auch Menschen. Und die Menschen wurden krank, fühlten sich hoffnungslos und brauchten einen Arzt; einen besonderen Arzt, der auch helfen kann, wenn andere es nicht mehr können.
Aber die Situation änderte sich, als sein wichtigster stalinistische Beschützer starb, und das Regime beschloss, ihn zu zerstören. Er war zu anders, zu reich und zu unabhängig.
Charlatan erzählt die Geschichte von Mikolášeks Aufstieg und Fall. Von seinem moralischen Fall und von seinen konstanten Kämpfen mit der Dunkelheit in ihm. Es ist die Geschichte eines Mysteriums von einem Mann mit einer besonderen Gabe. Und von dem Preis, den er bereit ist, für diese Gabe zu zahlen. Es ist die Geschichte des Paradoxons zwischen Stärke und Schwäche und zwischen Liebe und Hass ….

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Der junge Frantisek, aus dem tiefsten Osten der Tschechoslovakei, da wo die Sonne aufgeht, bewirbt sich um den Posten als Sekretär …

Um diese Geschichte, die Dutzende von Jahren, drei verschiedene politische Regime und zwei Weltkriege umfasst und sich gleichzeitig so extrem intim anfühlt, auf einer narrativen Ebene zu erzählen, habe ich versucht, eine sinnliche und minimalistische Sprache zu finden. Statisch. Ruhig. Spärliche Dialoge. Versteckte Gefühle. Und ein extrem subjektives Zeitgefühl: Jahre vergehen plötzlich in wenigen Minuten und Minuten verlängern sich, bis sie sich wie eine Ewigkeit anfühlen. Ich habe versucht, eine menschliche Seele zu zeigen, ohne in die Tiefe psychologischer Analysen einzudringen. Das Innenleben zeigt sich am Verhalten der Charaktere. Die Gesichter der Schauspieler, die Spannung zwischen den Charakteren und ihre ständigen Bemühungen, die emotionalen Rüstungen des Anderen zu durchdringen, treiben die Geschichte voran. Der Hintergrund, die große Geschichte des 20. Jahrhunderts, spiegelt sich in ihren Schicksalen wider.
Ich hatte das Glück, eine wundervolle Gruppe von Menschen zu haben, die diesen Film mit mir gedreht haben: Kameramann Martin Strba, Szenenbildner Milan Bycek, Cutter Pavel Hrdlicka, Komponist Antoni Komasa Lazarkiewicz, Schauspieler Ivan Trojan. Mit allen habe ich zuvor an der Miniserie Burning Bush zusammengearbeitet. Sie sind ein äußerst kreatives, originelles und mutiges Team und sie hatten einen großen Anteil daran, einen Weg zu finden, diese Geschichte auf eine starke und persönliche Weise zu erzählen und Bilder zu finden, von denen ich hoffe, dass sie noch lange nach dem Anschauen im Gedächtnis des Publikums haften bleiben …



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Mit Frantisek erlebt Jan einige wenige glückliche und unbeschwerte Stunden …

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Das kommunistische Regime in der Tschechoslowakei nach dem 2. Weltkrieg plant mit langer Hand die Vernichtung des unliebsamen Wunderheilers …

Dieser Film läuft im Xenon im Januar 2022

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