Tarnation
USA 2004 • 88 Min. • frei ab 18 • engl.O.m.U
Regie: Jonathan Caouette
Buch: Jonathan Caouette
mit: Jonathan Caouette, Renee LeBlanc, David Sanin Paz, Rosemary Davis, Adolph Davis
Herstellungsleiter: Gus Van Sant (s.a. »Milk« (2008) und »Paranoid Park« (2007) und »Elephant« (2003) und »Psycho« (1998), sowie »Wild Tigers I Have Known« (2006)), John Cameron Mitchell (s.a. »Hedwig And The Angry Inch« (2000))
Kamera / Bildgestaltung: Jonathan Caouette
Schnitt / Montage: Jonathan Caouette
Co-Schnitt: Brian A. Kates (s.a. »All The Beauty And The Bloodshed« (2022) und »Kill Your Darlings« (2013) und »Shortbus« (2006) und »The Woodsman« (2004) und »Trick« (1998))
Musik: John Califra, Max Avery Lichtenstein, Stephin Merritt
Jonathan in einem seiner Videos ...
Der Film beginnt mit der frühen Geschichte von Caouettes Familie. Seine Großeltern Adolph und Rosemary heirateten 1951 und lebten ein Mittelklasse-Leben in einem Vorort von Houston. Als sie sich jedoch entschließen, ihre Tochter Renee mit einer Schocktherapie behandeln zu lassen, nachdem bei ihr mentale Veränderungen vermutet werden, entgleitet ihnen ihr anfänglich idyllisches Leben. Renee ist nach zwei Jahren Schocktherapie ernsthaft verändert, führt ein von mentaler Erkrankung, physischem Missbrauch und einer scheinbar endlosen Serie von Krankenhausaufenthalten geprägtes Leben. Einzig die Geburt ihres Sohnes Jonathan im Jahr 1972 versöhnt sie mit sich selbst.
Zwei Jahrzehnte lang wächst Jonathan vor der Kamera auf, er entwickelt eine unzerstörbare, oft herzzerbrechende Beziehung zu Renee, in deren Verlauf er auch seine eigenen persönlichen Schwierigkeiten kennen lernt - eine Persönlichkeitsstörung, bei der sich Körper und Gedanken voneinander getrennt anfühlen. Caouette nutzt das Filmemachen und diverse Dokumentationsmittel, um seinem Alltagswahnsinn zu entfliehen, aber auch als Mittel zur Heilung - er entzieht sich seiner rauen Existenz durch die sichere, kontrollierte Welt des Kinos und des Scheins. Underground-Filme fesseln ihn, Musiktheater und die alternative Schwule Kultur, und er sehnt sich nach dem Tag, an dem er aus Texas fliehen und sein eigenen Leben leben kann. Als junger Erwachsener zieht Caouette nach New York City, wo er ein sicheres, liebevolles Zuhause mit seinem Freund findet. Seine Beziehung zu Renee gewinnt noch an Tiefe nach ihrer Überdosis Lithium, da von Caouette Opferbereitschaft, Mitgefühl und ein wahrer Liebeserguss gefordert wird.
In Tarnation enthalten sind Caouettes persönliche Fotographie- Sammlung, seine eigenen Filme, Hörspiele, Video-Tagebücher, Anrufbeantworter-Nachrichten, Filmclips aus Hollywood, Popmusik-Mitschnitte und Ausschnitte seiner eigenen Kurzfilme. Auch wenn Tarnation unleugbar ein Dokumentarfilm ist, so erweitert er jedoch seine Thematik um die Geschichte der Populärkultur des 20. Jahrhunderts und ein Familienleben, das sich als kollektiver Fiebertraum darstellt. Caouettes vernichtende, aber gleichwohl hoffnungsvolle Vision ist eine eindrucksvolle und bewegende Untersuchung der ruhelosen Seele Amerikas und zugleich eine musikalische Zeitreise.
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Jonathan mit seiner Mutter Renee damals ... Jonathan mit seiner Mutter Renee und heute ...
Dieser Film lief im Xenon im August 2006